Ádám György: Empfindung, Bewusstsein, Gedächtnis ... mit den Augen des Biologen (Budapest, 1980)
VORWORT Grenzgebiet ist im heutigen wissenschaftlichen Leben ein oft gebrauchter Ausdruck. Es ist kein Zufall, daß die typischen Grenzwissenschaften, wie die Himphysiologie und die experimentelle Psychologie, mit deren Material sich dieses Buch befaßt, wieder modern geworden sind. Grenzgebiet — ein Terminus, der Ausgang einer vielseitigen Zusammenarbeit zwischen den angrenzenden Wissenschaftszweigen sein kann, doch auch Anlaß zur Ablenkung von augenblicklich noch nicht lösbaren Problemen. Es stellt ja gerade eine Eigenart der zur Grenzwissenschaft gewordenen Disziplin dar, daß ihre Erscheinungen und Regeln sich nicht mit den Gesetzen eines einzigen klassischen Erkenntnissystems decken; diese neu entdeckten Gesetzmäßigkeiten dringen gleichsam in das Gebiet eines oder mehrerer benachbarter, zuvor mit präzis formulierten Regeln umgebener und als souverän betrachteter Wissenschaftszweige ein. Heute ist dies der Fall bei den sich mit der Gehimfunktion beschäftigenden Wissenschaften. Die Mauern der klassischen Psychologie werden gleichsam vor unseren Augen zerstört und die Grenzterrains, ja sogar die als unantastbar geltenden »Innengebiete« von physiologischen und morphologischen, physischen und chemischen Erkenntnissystemen oder -bruchstücken eingenommen. Doch auch die Neurophysiologie kann immer weniger auf autonome Weise »überleben« und ist immer mehr auf den belebenden und befruchtenden Einfluß der psychologischen und philosophischen Disziplinen (allgemeine Psychologie, Erkenntnistheorie, Logik usw.) angewiesen. Diese wechselseitigen Gebietseinnahmen, langsamen Grenzabbauungen oder lebhaften »Grenzstreitig3