Szigeti József et. al.: Ästhetische Aufsätze - Studia philosophica Academiae Scientiarum Hungaricae 11. (Budapest, 1966)

2. János Maróthy: Über den Realismus in Allgemeinen und im Konkreten

48 J. Maróthy с) und mit der klassischen bürgerlichen Überlieferung, befinden. Die erste Bezie­hung kann sich mitunter auf so unmittelbare Beispiele berufen, wie die Vor­ereignisse der »zerbröckelten« Verszeilen von Majakowski in der sich auf viele Jahrhunderte erstreckenden Linie der plebejischen, später proletarischen Dichtkunst, von den »ragged«-Zeilen Skeltons bis zu den Versformen der char­­tistischen Dichtkunst des 19. Jahrhunderts, die das nivelliert-abgerundete, lyrisch bürgerlich Liedhafte gewissermassen von innen dynamisierten. Die naheliegende Erklärung dieser Beziehung ist, dass die kommunistischen Künst­ler mit einem Teil ihrer Schöpfungen selbst zum Bestandteil der proletarischen Massenkultur wurden, mögen wir hier an die Graphiken von Derkovits, an ein­zelne Verse von Attila József oder gar an die in dem spanischen Schützengräben erklungenen und in vielen Varianten international verbreiteten Lieder von Hanns Eisler denken. Das Schema der zweiten Beziehung wird manchmal einfach als das Nacheinander, als der Weg der in Richtung zum sozialistischen Realismus führenden kleinbürgerlich-intellektuellen Revolte geschildert, wo die fraglichen Schöpfer ihr »modernistisches« Vorleben ganz einfach verleugnen. Dass dieses Schema nicht so einfach ist, darauf hat bereits auch die methodologisch bahn­brechende József Attila-Studie von József Révai hingewiesen. Die Erklärung dessen, warum die fraglichen Schöpfer gerade von Seiten des »Modernismus« zum sozialistischen Realismus gelangten, bedarf nicht nur der Analyse der verschiedenen, sondern auch derjenigen der verwandtschaftlichen Momente. Dies können wir jedoch nur in dem Falle tun, wenn wir die »Modernheit« nicht als irgendeine globale dekadente Masse betrachten, sondern die in ihr ent­haltenen verschiedenen Tendenzen, unter ihnen jene, die als analytische, kri­tische oder gerade zum gemeinschaftlichen Erlebnis den Weg weisende Rich­tungen sich mit dem sozialistischen Realismus an irgendeinem Punkte berüh­ren, auf eine differenzierte Art untersuchen. Was endlich die dritte Beziehung anbelangt: der sozialistische Realis­mus wird gerade dadurch der klassischen bürgerlichen Überlieferung nahe ge­bracht, dass er — im Gegensatz zum zerrissenen, disharmonischen Wesen der »Modernheit« — eine solche Kunst ist, die Totalität anstrebt und die ein ein­heitliches Weltbild vermittelt. Ebenso klar ist es jedoch, dass die sozialistische Kunst nicht dies- sondern nur jenseits der Modernheit die Totalität, die Har­monie suchen kann: dabei muss sie jenen Problemen ins Auge sehen, die das Zeitalter des Imperialismus und der proletarischen Revolutionen aufgeworfen hat. Wenn der sozialistische Realismus — um all dies herumkommend — ganz einfach zu den bürgerlich realistischen Traditionen zurückkehren würde, dann wäre dies mit der Verleugnung seiner selbst identisch; da doch nicht wenige Neuerungen der Kunst des 20. Jahrhunderts sich gerade an die sozia-

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