Deréky Pál (szerk.): A magyar avantgárd irodalom (1915-1930) olvasókönyve (Budapest, 1998)

Előszó

lent, und den unglaublichen Einsatz der Schauspielerin Jolán Simon, Ehefrau Kassáks, Mutter dreier Kinder nicht möglich gewesen.14 In Wien gab es neben Ma bereits andere Zeitschriften der literarischen Avantgarde. Künstlerisch blieben die Wiener Ungarn allerdings weitgehend unter sich, ln den sieben Emigrations­jahren hat es zwar stete und rege Kontakte zwischen österreichischen und ungarischen Künstlern und Schriftstellern gegeben, doch in der literarischen Avantgarde übten weder die Wiener Aktivisten auf die Ungarn noch umgekehrt irgendwelchen nennenswerten Einfluß aus.15 Einzig in der bildenden Kunst be­deutete die konstruktivistische Gemäldeausstellung von Béla Uitz eine Wende für eine Gruppe der Wiener Expressionisten, vor allem für Erika Giovanna Klien. Der aus der Bukowina stammende Josef Kalmer, Mit­herausgeber der letzten beiden Hefte der von Karl F. Kocmata gegründeten Zeitschrift Ver! (1917—1921) übernahm in den Jahren 1921-22 die Aufgabe, verantwortlicher Herausgeber des Wiener Ma zu sein. Zwar nur nominell, mußte doch der Herausgeber einer Zeitschrift die Staatsbürgerschaft besitzen, indes scheint es unwahrscheinlich, daß er, der bereits während des Krieges einige Kassák-Gedichte ins Deutsche übertragen hat, in Wien nichts von den ungarischen Aktivisten übersetzt haben sollte. Vermutlich hat er es auch getan, doch haben er, Emil Szittya und andere Übersetzer der Zeit in den expressionistischen und aktivistischen Wiener Periodika nicht die ungarische avantgardistische Literatur in Übersetzungen publiziert, sondern die traditionellere modernistische Dichtung aus dem Umkreis der Budapester Zeitschrift Nyugat, hauptsächlich die von Endre Ady und Dezső Kosztolányi (in den Zeitschriften mit ins Deutsche übersetzten Vornamen als Andreas Ady und Desider Kosztolányi). Umgekehrt besorgte sich der Kassák-Kreis Texte der deutschspra­chigen literarischen Avantgarde eher aus Berlin, ja eher sogar aus Schlesien (Sondernummer des Ma: Das junge Schlesien), als aus seiner unmittelbaren Wiener Umgebung. Auf deutsch haben die Wiener ungari­schen Aktivisten ihrerseits entweder im Ma oder im Berliner Sturm und in seinem Verlag publiziert. Die Liste jener Österreicher, die im Wiener Ma vertreten sind, ist kurz: Jakob Moreno Levy schrieb über Psycho­drama („Stegreiftheater“), Joseph Matthias Hauer über die Zwölftonmusik, und von Hans Suschny wurden zwei Gedichte, zwei Bühnenkompositionen, ein Manifest und eine Bildarchitektur publiziert. Nicht nur die Vortragsabende des Мг-Kreises haben wenig bis gar keinen Widerhall gefunden, sondern auch die hervorragende Ismenschau von Lajos Kassák-László Moholy Nagy: Új művészek könyve / Buch neuer Künstler, die 1922 in Wien erschienen ist.16 Das dezidierte voneinander-Abstandhalten der österreichischen und ungarischen Aktivisten im Wien der 20er Jahre ist umso interessanter, als die Aktivismen sowohl zur Zeit ihrer Entstehung als auch zur Zeit ihrer Auflösung typologische Gemeinsamkeiten aufweisen. 1913/14 sind sie als ästhetische und ethische Emeue­­rungsbewegungen entstanden, unabhängig von Tages- und Parteipolitik, mit dem Ziel einer radikalen kultu-14 Vgl. Attila Józsefs Gedicht an sie: Simon Jolán. In: Stoll, Béla (Hg.): József Attila összes versei 1. к. 1916-1927, kritikai kiadás [Attila Józsefs sämtliche Gedichte Bd. I., 1916-1927, textkritische Ausgabe] Budapest: Akadémiai, 1984. Gedicht Nr. 328 auf S. 487. vom Ende 1927. Zu dieser Zeit ist auch eine Kassák-Collage entstanden mit ihrem Bildnis in: Csapiár, Ferenc (Hg ): Kassák Lajos: Számozott költemények [Numerierte Gedichte] Budapest: Szépirodalmi, 1987, S. 216-217. 15 Vű-Veranstaltungen in Wien, 1920-1925: zweisprachige Matinee am 20. 11. 1920 (Freie Bewegung); Matinee am 10. 09. 1921 (Freie Bewegung); Vortragsabend am 16. 10. 1921 (Konzerthaus); Vortragsabend Jolán Simon am 19. 02. 1922 (?); Vortragsabend am 28. 05 1922 (Konzerthaus); Vortragsabend am 15. 01. 1925 (Konzerthaus); deutschsprachiger Vortragsabend am 22. 03. 1925 (Schwarzwaldsaal) 16 Die Bedeutung der Wiener Jahre für Kunst und Literatur beider Länder wird freilich seit den 70er Jahren immer höher eingeschätzt. Die zahlreichen ungarischsprachigen Publikationen zum Thema diesmal außer Acht lassend, möchte ich einige neuere deutsch­sprachige nennen: Christian Weinek: Emil Szittya. Leben und Werk im deutschen Sprachraum 1886-1927. Mschr. Diss., Salz­burg, 1987; Arion: Almanach International de Poésie, Publié par Somlyó György. Nr. 16. (Kassák-Nummer), Budapest: Corvina, 1988 (293 S ); József Vadas (Hg ): Lajos Kassák: „Lasst uns leben in unserer Zeit“ Gedichte, Bilder, Schriften zur Kunst Budapest: Corvina, 1989 (221 S.); Pál Deréky: Ungarische Avantgarde-Dichtung in Wien 1920-1926 Wien: Böhlau, 1991 (192 S ); Günther Dankl und Raoul Schrott (Hg.): DADAutriche Innsbruck: Haymon, 1993 (207 S.) mit die Wiener Ungarn betreffenden Beiträgen von Armin A. Wallas (Von Mistral zu Horizont: Emil Szittya und Dada); Maria Stolberg (Das Wien der 20er Jahre. Neue Kunst zwischen Expression und Konstruktion); Éva Bajkay (Lajos Kassák und Sándor Barta. Zwei Vertreter von Dada Ungarn im österreichischen Exil); Klaus Amann - Armin A. Wallas (Hg.): Expressionismus in Österreich. Die Literatur und die Künste Wien: Böhlau, 1994 (625 S.) mit (auch) die Wiener Ungarn betreffenden Beiträgen von Armin A. Wallas (Zeitschriften des Expressionismus und Aktivismus in Österreich); Pál Deréky (Lajos Kassák und der ungarische Aktivismus); Wilhelm Haefs („Der Expressionismus ist tot... Es lebe der Expressionismus“ Paul Hatvani als Literaturkritiker und Literaturtheoretiker des Expressionismus) 59

Next