Deréky Pál (szerk.): A magyar avantgárd irodalom (1915-1930) olvasókönyve (Budapest, 1998)

Előszó

von ihm als ’alt’, von mir als ’religiös’ bezeichnete Kunst scheiden, kann genau hier gezogen werden. Die neue Kunst lebt - diese Tatsache wird heute von niemandem mehr geleugnet. Während aber Kassák dadurch sein Recht in allen Punkten bestätigt sieht, vermeint der Verfasser dieser Zeilen, daß die neue Kunst die Kunst der Gegenwart ist, und wenn sie gerade von den Zeitgenossen nicht verstanden wird, so kann dies kei­neswegs bedeuten, sie alle wären altmodisch, und die neue Kunst wäre über sie hinweggedonnert. Sie beide sind Produkte der Gegenwart, und der zeitgenössische Mensch erkennt sich in keiner Erscheinung dieser Welt wieder, er weiß nicht einmal, was für ein schlechtes, formloses, verdrehtes, ohne Unterbrechung ins Nichts hinauslaufendes, zum Verzweifeln leeres Leben ihm durch seine ewigen Kämpfe mit der Materie, und den ewigen Siegen über sie beschert wurde.“44 Zum Abschluß der Schau ungarischer Avantgarde-Zeitschriften in Wien Anfang und Mitte der 20er Jahre müssen zwei Wiener Blätter erwähnt werden, in denen viel über die literarische Avantgarde geschrieben wur­de: Tűz und Diogenes.45 Tűz [Feuer], redigiert von Jenő Gömöri, der als Julius Fischer auch einen ungari­schen Buchverlag in Wien besaß, erschien zunächst in Preßburg/Bratislava, dann in Wien. Der Geschäfts­mann Gömöri begann 1922 ein ähnlich abenteuerliches Unterfangen, wie Kassák und Németh mit ihrer elitären Zeitschrift 2x2, bloß mit umgekehrtem Vorzeichen: Tűz sollte eine literarische Wochenzeitung, ein Massenblatt werden. Gömöri konnte diesen Plan zwischen Anfang Juli und Ende Dezember 1922 auch ver­wirklichen. Er setzte auf Themen, die publikumswirksam und auflagenfordemd waren: Literarische Rate­spiele, Leserbeiträge über die eigene Lieblingslektüre, Rundfragen zu verschiedenen Themen unter der un­garischen Leserschaft in fünf Ländern, eine Enquete über die ungarische Gegenwartsliteratur. Letztere löste eine langandauemde und hitzige Debatte über die ungarische Avantgardeliteratur aus. Gömöri räumte der all­gemeinen Avantgarde-Beschimpfung breiten Raum ein, er gab allerdings auch dem Мг-Kreis die Mög­lichkeit zur Entgegnung. Barta konnte oder wollte an diesem Ereignis nicht teilnehmen, er schrieb im Akasz­tott Ember eine vernichtende Kritik über Tűz, dem es gelungen sei, auch die Literatur zur Ware zu ernied­rigen. Diogenes (mit dem Emblem des tagsüber Licht tragenden Philosophen), wurde vom Freidenker und Volkserzieher (’Wanderaufklärer’) Samu Fényes (1863-1937) gegründet, um „Wissen“ und „Aufklärung“ unter den ungarischen Lesern in Wien, in der Slowakei, in Rumänien und in Jugoslawien zu verbreiten, die ja sonst über kein unvoreingenommenes und unabhängiges Informationsorgan in Fragen der Literatur, der Kunst, der Gesellschaft, der Geschichte und der Naturwissenschaft verfügten. Die Biederkeit des Blattes hat aber offenbar nicht die große Anzahl Avantgarde-Publikationen ausgeschlossen. Zahlreiche Attila Jözsef- Gedichte sind in Diogenes erschienen, Andor Németh schrieb über die neuen französischen Dichter (Apolli­naire und seine Schule), Kassák publizierte Prosa im Blatt, und Fényes bot ihm gleich in Heft 2 Gele­genheit, seine Konstruktivismus-Theorie vorzutragen. Fényes war dann eine zeitlang mit ihrer Auslegung und Kritik beschäftigt.46 Fényes gelang es fünf Jahre lang ausschließlich aus eigener Kraft, hauptsächlich durch seine Vortragstätigkeit in Preßburg Diogenes zu finanzieren. Andor Németh schrieb in seiner Attila Jözsef-Monographie: „Unter jenen Blättern, die in der Emigration gegründet wurden, lebte die Zeitschrift von Samu Fényes am längsten. Die zwei großen Tageszeitungen gab es schon lange nicht mehr, als die orangefarbenen Hefte des Diogenes noch immer Kultur verbreiteten.“47 Um diese Zeit, um 1927 wurde indes wieder Budapest zum Zentrum der ungarischen literarischen Avantgarde, zumal es nach 1926 auch in den Nachbarländern keine ungarische Avantgarde-Zeitschrift mehr gab. Unter den zuvor erschienenen waren im Königreich Rumänien die Arader Genius (1924-1925) und Periszkóp (1925-1926) und im Serbisch-Kroa­tisch-Slowenischen Königreich die Novi Sad/Neusatzer Revue Út (1922-1925) am interessantesten. Die 44 Testvér (Wien), Jg. II. (1925), S. 332-335. (s. auch Endre Gáspárs Beitrag zur Diskussion Kassák - Sinkó S. 372-375.) 45 Illés, Ilona (Hg ): Tűz (1921-1923) Diogenes (1923-1927). Repertóriumok Budapest: Petőfi Irodalmi Múzeum, 1977 (235 S.) 46 Kassák, Lajos: A konstruktivizmusról [Ober den Konstruktivismus] Diogenes (Wien), Jg. I. (1923), Heft 2, S. 13-16.; Fényes, Samu: Kassák új versei [Die neuen Gedichte Kassáks; Új Versek] Jg. I. (1923), Heft 3, S. 11-13.; A konstruktivizmusról [Über den Konstruktivismus] Heft 7, S. 3-6.; Az új művészet [Die neue Kunst] Heft 8, S. 9—12.; A konstruktivizmusról [Über den Kon­struktivismus] Heft 9, S. 12-16. 47 Németh, Andor: József Attila és kora [J. A. und seine Zeit] Budapest: 1973, S. 38. 70

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