Andersen, Hans Christian: Ole Luköje. Das Sandmännchen (Bukarest, 1995)

Es ist in dieser ganzen Welt niemand, der so viele Geschich­ten erzählen kann wie Oie Luköje! Er kann wirklich erzählen! So gegen Abend, wenn die Kinder noch so nett am Tisch oder auf ihrem Schemel sitzen, kommt Oie Luköje; er kommt ganz leise die Treppe herauf, denn er geht auf Socken, er macht ganz leise die Türe auf und husch! da spritzt er den Kindern süße Milch in die Augen, ganz fein, ganz fein, aber doch immer genug, daß sie die Augen nicht offenhalten und ihn deshalb nicht sehen können, er schleicht sich dann hinter sie und bläst ihnen sachte in den Nacken, und darauf wird ihnen schwer im Kopf, oh ja! aber es tut nicht weh, denn Oie Luköje meint es gerade gut mit Kindern; er will nur, daß sie ruhig sein sollen, und das sind sie am ehesten, wenn man sie ins Bett gebracht hat; sie sollen still sein, damit er ihnen Geschichten erzählen kann. Wenn die Kinder nun schlafen, setzt sich Oie Luköje auf das Bett: er ist gut gekleidet, sein Frack ist von Seide, aber es ist nicht möglich zu sagen, welche Farbe er hat, denn er schimmert grün, rot und blau, je nachdem er sich wendet; unterjedem Arm hält er einen Regenschirm, einen mit Bildern darauf, den spannt er über die guten Kinder auf und daryi träumen sie die ganze Nacht die herrlichsten Geschichten, und einen Regenschirm hat er, wo gar nichts darauf ist, und den spannt er über die unartigen Kinder, dann schlafen sie ganz dumm und haben am Morgen, wenn sie erwachen, nicht das Geringste geträumt. Nun werden wir hören, wie Oie Luköje in einer ganzen Woche jeden Abend zu einem kleinen Knaben kam, der Hjalmar hieß, und was er ihm erzählte. Das sind ganze sieben Geschichten, denn es gibt sieben Tage in einer Woche. 3

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