Hodjak, Franz: Mit Polly Knall spricht man über selbstverständliche dinge als wären sie Selbstverständlich. Gedichte (Bukarest, 1979)

„Ich glaube, es ist wichtig, die Wirklichkeit nicht mit dem unmittelbaren Geschehen des Alltags gleichzusetzen, erstere ist doch unvergleichlich reicher, vielfältiger, sagen wir ruhig auch phan­tastischer, oft phantastischer, als es selbst die kühnste Phantasie ist. Die Wirklichkeit selbst war es, die mich gelehrt hat, die Wirklichkeit mit anderen Augen zu be­trachten. Daß ich dann für die neuen Inhalte neue, adäquate Formen zu suchen begann, ent­spricht doch einer notwendigen Dialektik. Literatur, die nur bestätigt, ist nicht nur keine Literatur, sondern geradezu eine Art Bewußtseins­opium. Spätestens seit Marx dürfte bekannt sein, daß es keine Entwicklung ohne Gegensätze gibt, ganz im Gegenteil, diese erst bilden die treibende Kraft jeder Entwicklung. So zu tun, als wäre das anders, führt nicht nur zu einer Substitution der Wirklichkeit durch eine Scheinwirklichkeit, sondern steigert die Möglichkeit einer Vertiefung der Gegensätze, deren Funktion nach einer ge­wissen akkumulativen Periode in ihr Gegenteil umkippen und entwicklungshemmend wirken kann. Da, glaube ich, hat einerseits engagierte Literatur anzusetzen, also Warnzeichen zu setzen, damit die Gegensätze permanent erkannt und bewußt in Beschleuniger des Fortschritts umfunk­tioniert werden Jf6nnen. Andererseits, glaube ich, kann der Schriftsteller keine Veränderungstendenzen herbeiführen; was in seiner Möglichkeit liegt, ist, wenn solche objektiv vorhanden sind, selbst nur in Ansätzen, diese aufzuspüren und entschieden aufzuzeigen. In diesem Fall bestünde die Wirkung darin, daß

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